Nach 44 Wochen mit durchschnittlich 9 Stunden Training, 210 Schwimmkilometern, 5.300 km im Sattel und 1.400 Laufkilometern war es endlich soweit: Am 2. September bestritt ich meine Premiere auf der Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren, 42,2 km Laufen) bei der Cologne226. Besonders die Aussicht vor dem Schokoladenmuseum ins Ziel zu laufen, hat mich überzeugt, in Köln zu starten. Aber der Weg dorthin war lang und hart. Es folgt die Chronik meines härtesten Tages in Köln.
Vor dem Start
4 Uhr morgens. Der Wecker klingelt. Draußen ist es stockfinstere Nacht. Habe ich überhaupt eine Stunde geschlafen? Dennoch bin ich nicht müde. Mein Körper ist schon in Alarmbereitschaft. Schnelles Frühstück, dann die vorbereitete Tasche gegriffen und auf zum Startbereich am Fühlinger See. Gegen 5:30 komme ich an. Unterwegs begegnen mir unzählige Autos, deren Fahrer augenscheinlich dasselbe Ziel haben. Die Spannung steigt. Da ich mein Rad bereits am Vorabend in der Wechselzone eingecheckt habe, geht alles recht fix. Rad- und Laufklamotten bereit legen, Luftdruck in den Reifen kontrollieren, Verpflegung herrichten. Leider verzögert sich der Start um 45 Minuten, weil die Freigabe der Radstrecke durch die Stadt Köln noch aussteht. So bleibt mehr Zeit die Nervosität richtig auszukosten.
Schwimmen
Um 7:50 geht es endlich los. Die Regattastrecke des Fühlinger Sees ist weltklasse. Dank der Leinen ist die Orientierung kein Problem. (Man darf nur den Wendepunkt nicht verpassen.) Und breit genug ist es auch, so dass die ansonsten Übliche Prügelei ausbleibt. Die ersten 2 km schwimme ich bewusst locker, schließlich ist nach dem Schwimmen noch nicht Schluss. Nach der Wende versuche ich ein wenig Druck zu machen, was auch ganz gut gelingt. Bei Kilometer 3 fängt die linke Schulter an zu schmerzen, aber da es nur noch 800 m sind, sollte dies kein Problem sein. Mit einer Zeit von rund 1:10 bin ich sehr zufrieden.
Radfahren
Die erste von insgesamt 4 Runden a 45 km versuche ich, einen guten Rhythmus zu finden, viele zu Essen und zu Trinken und den Puls zu beruhigen. Es läuft gut. Es läuft sogar sehr gut. Ich muss mich immer wieder bremsen, um nicht zu schnell unterwegs zu sein.
Auch die zweite Runde ist kein Problem. Nervig sind nur die Pulks von Lutschern, die glauben, dass das Windschattenverbot nur für die anderen gilt. In der dritten Runde wird es dann einsamer, da die Mitteldistanzler auf die Laufstrecke gehen. Damit hat sich auch das Windschattenproblem erledigt. Dafür frischt der Wind zusehends auf. Immer noch gut drauf fange ich an viele Fahrer, die in den Runden zuvor an mir vorbei gefahren sind, wieder zu überholen. Die vierte Runde nehme ich ein bisschen Druck raus, um für den Lauf locker zu werden. Am Ende sagt der Tacho, dass ich die 180 km in gut 5h25 zurückgelegt habe, was einem Schnitt von knapp über 33 km/h entspricht. Geil! Damit habe ich nicht gerechnet.
Lauf
Zunächst gilt es, 4 Runden a 7 km um den Fühlinger See zu laufen. Das ist der Teil des Wettbewerbs, der mir am meisten Angst macht. Bislang bin ich noch bei keiner Laufveranstaltung am Fühlinger See gut gelaufen. Aber was soll’s. Der letzte Teil einer Langdistanz hat auch nur noch entfernt Ähnlichkeit mit einem Laufwettbewerb. Ich halte mich an meinen Plan und laufe von Verpflegungsstelle zu Verpflegungsstelle und lege dort jeweils eine kurze Gehpause ein. Die ersten zwei Runden sind sehr gut.
Ab der dritten Runde wird es aber hart. Die Gehpausen werden länger.
Ab hier sind die vielen Anfeuerungen der Zuschauer von unschätzbarem Wert. Ganz besonders möchte ich Sandra, meiner Mutter und den RTClern danken. Ihr seid spitze! Auf der vierten Runde bahnen sich erste Krämpfe an. Danach geht es endlich auf die 14 km lange Zielgerade in Richtung Rheinauhafen. Das erste Stück führt durch ein einsames Waldstück, vor mir sind nur vereinzelt andere Athleten, denen es auch nicht mehr so gut geht. Ab Kilometer 30 verweigert mein Magen die Nahrungsaufnahme. Jetzt fängt die Rechnerei an. Beruhigend ist, das ich selbst gehend gute Chancen hätte um die 11 Stunden ins Ziel zu kommen. Ich versuche meinen Lauf/Geh-Rhythmus beizubehalten. Endlich bin ich am Rheinufer, das ich von vielen Trainigskilometern in- und auswendig kenne. Ab dem Dom ist ein schmaler Korridor für uns Athleten abgesperrt. Hier ist die ganze Qual vergessen und ich laufe noch an einigen anderen Teilnehmern vorbei. Im Ziel bin ich überglücklich, es geschafft zu haben. Die Zeit von 10h27:16 ist einfach super.
Nach dem Wettkampf
Den Rest des Abends kämpfe ich mit meinen schmerzenden Muskel und Gelenken und gegen meinen noch immer rebellierenden Magen. Aber die Genugtuung, es geschafft zu haben, entschädigt für alles.
Fazit
Eine Langdistanz ist eine Herausforderung, aber keine unmenschliche Leistung. Die reine Streckenlänge ist für Ausdauersportler nicht das Problem. Das wirkliche Problem ist die Geschwindigkeit. Um auf die gesamte Länge, eine möglichst hohe Geschwindigkeit aufrecht halten zu können, ist eine gewissenhafte Vorbereitung notwendig. Meine Umfänge waren dabei wohl eher an der unteren Grenze. Aber Umfang ist nicht alles. Auch die Qualität ist wichtig. Noch wichtiger ist es aber, die Reize zur richtigen Zeit zu setzen. Insgesamt bin ich mit meiner Vorbereitung und vor allem mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Während des Trainings habe ich eine Menge über meinen Körper und dessen Leistungsgrenzen gelernt. Ob ich noch mal eine Langdistanz mache? Keine Ahnung. Momentan fehlt mir dazu die Motivation. Aber wer weiss, wie es in ein paar Monaten aussieht. Für die nächsten Wochen steht nur Regeneration auf dem Plan.